"Alles im Fluss?!" - Das Lymphsystem des Pferdes und wichtige Erkrankungsbilder

Carolin Caprano - www.tierheilpraxis-caprano.de

Das Lymphsystem oder auch lymphatisches System genannt, ist neben dem Blutgefäßsystem das zweite Körpersystem des Pferdes, das Flüssigkeit transportiert.

Dabei wissen die meisten Menschen welche Bedeutung das Blut für den Körper hat, weniger bekannt ist jedoch die Tatsache, dass auch das Lymphsystem bzw. die Lymphe eine lebenswichtige Körperflüssigkeit ist. Welche Funktion das lymphatische System hat, nimmt man meist erst dann wahr, wenn es seiner Funktion nicht mehr ausreichend nachkommen kann und es zu Infekten, Entzündungen oder sichtbaren Schwellungen kommt.

Doch nun erst einmal ein paar Ausführungen zur Anatomie und der Funktion dieses speziellen Körpersystems:

Aufgeteilt wird das Lymphsystem in die lymphatischen Organe und das Lymphgefäßsystem.
Die verschiedenen Lymphzentren sind dabei durch sogenannte Lymphbahnen verbunden. In den Lymphbahnen fließt die klare und zähflüssige Lymphflüssigkeit (Lymphe) und ist damit beschäftigt, Nährstoffe zu den einzelnen Zellen zu transportieren.
Eine weitere wichtige Aufgabe des Lymphsystems ist das Filtern von Bakterien und Schadstoffen. Auch an der Bildung von Antikörpern sind die in der Lymphflüssigkeit enthaltenen Lymphzellen zu einem großen Teil beteiligt.
Dieses komplexe System beginnt als kleine Lymphkapillare in den Randbereichen. Die Lymphkapillaren verbinden sich dann zu größeren Lymphgefäßen, in die wiederum die Lymphknoten (diese gehören zu den sekundären lymphatischen Organen) als Filter eingegliedert sind. Deshalb dienen die Lymphgefäße zur Verbreitung der Lymphozyten Þ Lymphzellen. Die einzelnen Lymphgefäße vereinigen sich zu Lymphsammelstämmen und münden in die Venenwinkel.

Bei den Lymphzellen unterscheidet man wiederum zwischen T- Zellen (entwickeln sich und reifen im Thymus) und B-Zellen (diese entwickeln sich und reifen im Knochenmark). Nach der Reifung gelangen die Zellen in die Blut- und Lymphbahnen und befinden sich dann hauptsächlich im Lymphgewebe, in den Lymphknoten, in der Dünndarmschleimhaut, sowie in der Milz.
Von den Lymphzellen werden körperfremde Stoffe erkannt, und die Bildung von spezifischen Antikörpern gesteigert.

Wie fließt die Lymphe nun durch das Lymphsystem unserer Pferde?

Ähnlich wie Venen haben auch die Lymphgefäße sogenannte „Klappen“. Ein Lymphangion bezeichnet jeweils den Abschnitt zwischen zwei solchen Klappen und hat seinen eigenen Signalgeber. Durch das Zusammenziehen wird die Lymphflüssigkeit dann von einem Lymphangion zum einem weiteren vorwärtsgepumpt.

Die Lymphgefäße besitzen außerdem eine „Eigenmuskulatur“, die sich erst auf Dehnungsreize aktiviert. Bei Ansammlungen von Lymphe kann also, z. B. durch Bewegen des Pferdes, die Eigenmuskulatur dieser Gefäße aktiviert werden.
So wird auch klar, warum es Aufgrund von wenig Bewegung oder auch gesteigerter Produktion von Lymphe zu Schwellungen oder Stauungen kommen kann.

Was sind typische Erkrankungen des Lymphsystems, die bei Pferden auftreten können?

Bei einer Lymphstauung (auch Lymphödem genannt) handelt es sich um eine sichtbare Weichteilschwellung. Die Lymphflüssigkeit kann in dem betreffenden Bereich nicht mehr abtransportiert werden. Eine solche Stauung tritt beim Pferd häufig an den Beinen auf, aber auch z. B. am Hals, dem Bauch oder dem Genitalbereich. Ursachen eines Lymphödems  können Erkrankungen und Veränderungen der Lymphgefäße oder auch der Lymphknoten sein. Es kann aber auch durch Verletzungen, Operationen und Tumoren zu einer Störung des Abtransports der Lymphe kommen. Bei all diesen genannten Problemen handelt es sich um sekundäre Lymphödeme. Wenn das Problem angeboren ist, dann sprechen wir von primären Lymphödemen.

Wichtig ist abzuklären, was die Ursache ist (Schwellungen können nämlich auch andere Ursachen, wie zum Beispiel eine Herzschwäche haben). Dann sollte recht zügig eine Therapie erfolgen, damit die Schwellung (auch Ödem genannt) sich nicht verhärtet. Denn in manchen Fällen ist die sonst nicht mehr rückgängig zu machen.

Ein weiteres häufiges Problem in der Pferdepraxis ist eine Lymphangitis, also eine Entzündung der Lymphgefäße, die bei Pferden oft im Zusammenhang mit einer Phlegmone -> Einschuss auftritt.

Bei einer Phlegmone handelt es sich um eine großflächige eitrige Entzündung des Unterhautbindegewebes, welche sich auf die Lymphgefäße ausdehnt. Ursache sind Bakterieninfektionen. Dabei dringen Streptokokken oder Staphylokokken durch meist winzige Verletzungen in den Organismus. Häufig betroffen sind deshalb bei Pferden die Beine. Neben einer starken Schwellung der betroffenen Gliedmaße, die sich auch heiß anfühlt, kommt es zu Fieber, Inappetenz, Lahmheit sowie einer erhöhten Puls- und Atemfrequenz.
Kommt es zu einer dieser Erkrankungen müssen Schulmedizin und Naturheilkunde Hand in Hand arbeiten.

Von schulmedizinischer Seite aus greift man beim Lymphödem häufig zu speziellen Bandagen und Schienen zur Kompression. Eine Förderung der Diurese und der Detoxikation ist der nächste wichtige Schritt.

Bei der Phlegmone bzw. der Lymphangitis müssen unbedingt hochdosierte Antibiotika zum Einsatz kommen. Außerdem Präparate zur Stimulation der Abwehrkräfte des Körpers. Medikamente, die schmerzstillend und entzündungshemmend wirken, sind z.B. Apirel und Fynadine. Lokal muss, wenn nötig, eine Wundbehandlung erfolgen.

 

Unterstützend eingesetzt werden Angussverbände (z.B. mit Obstessig-Wasser) zum Abschwellen der betroffenen Gliedmaße. Nach ausführlicher Fallaufnahme kommen als Begleittherapie auch homöopathische Einzelmittel in Frage.

Um das Lymphsystem zu unterstützen gibt es zudem sogenannte homöopathische Komplexmittel wie das Lymphomyosot (Heel) oder das Lymphdiaral (Pascoe) zur Behandlung von Infekten, insbesondere mit Beteiligung des lokalen Lymphsystems. Um die Diurese anzukurbeln muss an Ackerschachtelhalm und Brennnessel aus der Phytotherapie gedacht werden.

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